Das ehrwürdige Traditionscafe am Ring wurde vor geraumer Zeit neu übernommen. Größere Umbauten – wie anfangs angekündigt – wurden bislang nicht durchgeführt. Doch bei Speis & Trank hat sich einiges verändert. Stammgast Marko Locatin war vor Ort.
Der Standort
Einst säumten zahlreiche prachtvolle Kaffeehäuser die imperiale Wiener Ringstraße. Geblieben sind – Hotels ausgenommen – nur drei: Schwarzenberg, Landtmann und Prückel. Jahrzehnte führte Christl Sedlar das von Oswald Haerdtl anno 1955 gestaltete Traditionscafe am Stubenring, bevor sie vor gut einem Jahr in Pension ging. (Hier geht’s zum Interview mit Sedlar samt “Liebeserklärung“. ) Unter den neuen Geschäftsführern Thomas Hahn und Manfred Stallmajer wurde das Prückel entstaubt, die in die Jahre gekommenen Polsterungen neu und schöner denn je bezogen (Hahn: “Das war richtig teurer!”), die Elektrik erneuert. Größere Umbauten wie sanitäre Anlangen, oder ein neuer Eingang zum Theater wurden vom renommierten Architektenteam um Gregor Eichinger verschoben. Teile des Prückel nämlich fallen unter Denkmalschutz, aber das ist eine andere Geschichte. Wir wollen uns hier Speis & Trank widmen.

Die perfekte Schinkenrolle im Café Prückel © Marko Locatin
Speis & Trank
Man geht nicht ins Kaffeehaus um Kaffee zu trinken, heißt es. Und hier haben sämtliche mir bekannten Wiener Kaffeehäuser Nachholbedarf. Doch: auch der Kaffee ist im Cafe besser als früher. Vielleicht kommen ja doch noch die angekündigten Siebträger-Maschinen – wer weiß? In der Champions-League jedenfalls spielt nun die Patisserie. Versteckt hinter einem roten Paravent im goldenen Saal wird hier auf hohem Niveau gebacken und gestrudelt. (“Wir machen alles selbst, wir verwenden nur natürliche Zutaten”). Beispiele: Die Kardinalschnitte: locker, leicht, fluffig, fruchtig. Fruchtig und federleicht gelingt auch das hübsche Himbeertörtchen Pavlova. Weiters zählen jetzt die einst gar rustikalen Apfel- und Topfen-Strudeln zu den besten der Stadt. Auffällig und ein feiner Zug ist der zurückhaltende, der zeitgemäße Umgang mit Zucker.

Prückel Crema © Marko Locatin
Ein ebenso erfreuliches Update in Sachen Qualität und Präsentation haben die Speisen erfahren. Der Schinken-Käse Toast mit Chili-Mayo spielt ganz vorne mit, die Schinkenrolle detto. Genial, wie das Raucharoma vom Schinken mit der Üppigkeit des französischen Salats (selbstverständlich hausgemacht) korrespondiert.

Kardinalschnitte © Marko Locatin
Gleiches gilt für die Hauptspeisen, die sich aus wöchentlich wechselnden Menüs (zwei täglich) sowie Standards (Wiener Schnitzel, Gulasch, Würstel mit Saft) zusammen setzen. Ein Klassiker, die Augsburger (feinere Ware als früher) mit Rösti und eingemachtem Erbsen-Kohlrabi-Gemüse. Neben allerlei “Eingemachtem” ist auch der Fisch-Freitag eine schöne Tradition, die es zu erhalten gilt. Okay, die “Einbrenn der Einmach” dürfte – bei aller Liebe – etwas leichter ausfallen, dem Erdäpfelsalat zum Fisch fehlte es ein wenig an Säure, die Rösti waren kleinteilig vermischt wie ein Schmarren (kann man machen). Doch das alles tut dem durchwegs positiven Gesamteindruck keinen Abbruch.


Augsburger mit Erbsen-Kohlrabi-Gemüse Rösti und Scholle gebacken mit Erdäpfel-Vogerl-Salat © Marko Locatin
Fazit
Wie Kaffeehaus in diesen Zeiten geht, kann man sich im Prückel erste Reihe fußfrei ansehen. Das Zeitungssortiment ist anständig (Süddeutsche, Zürcher, FAZ, Le Monde, N.Y-Times), Speis & Trank ist vielleicht nicht perfekt, doch sehr in Ordnung. Erfreulich: ja, die Preise wurden angehoben, doch sie sind immer noch sehr in Ordnung. Menüs dieser Qualität zu diesen Preisen (Vegetarisch: 10,50; Fleisch: 11,50; Fisch: 12,50) muss man in Wien lange suchen. Weiters erfreulich: hier sind Profis am Werk, deren erklärter Ehrgeiz es ist – wie der Autor dieser Zeilen aus zahlreichen Besuchen und Gesprächen weiß – langsam aber stetig Verbesserungen umzusetzen.
Zu erwähnen gilt es schließlich das ausnehmend passende Serviceteam aus erfahreneren und lernfähigen Kellnerinnen und Kellnern, in welches sich übrigens auch ein Neuzugang fügt. Ihr werdet ihn auf Anhieb (Stichwort: Spanien!) erkennen.
TIPP: Im Prückel, im Bereich nächst der Küche, darf weiterhin Schach & Karten gespielt werden. Brett und Figuren sind vorhanden.
Cafe Prückel
Stubenring 24
1010 Wien, Österreich
Täglich: 08.30-22.00
www.prückel.at