Restaurantkritik: Neueröffnung – Sopherl am Naschmarkt

17. 08. 2025

Autor: Marko Locatin

Restaurantkritik: Neueröffnung – Sopherl am Naschmarkt

Das legendäre Sopherl ist zurück. Jing Chen, Betreiber einiger China-Restaurants hat das kultige Beisl übernommen. Am Herd steht Michael “Mike” Köberl. Ein Mann, der mit Wolfgang “Pak” Puck bekanntlich halb Hollywood einkochte. Gastro-Ingenieur Locatin war vor Ort.

Der Standort 

Mit dem alten Sopherl – dunkles Holz, Patina, pickiges Ambiente, aber gemütlich – schloss kurz vor der Pandemie das letzte der ursprünglichen Naschmarktlokale seine Pforten. Verblichen längst die Gräfin und auch das ursprüngliche Drechsler. Früher Kult, war das Sopherl die letzten Jahre nicht einmal mehr für das obligate Bier und ein Gulasch gut. Ersteres wurde, wie sich der Gastro-Ingenieur versicherte, zuletzt nicht einmal mehr offen ausgeschenkt. Kein gutes Zeichen. 

Vor einigen Monaten hat Multi-Gastronom Jing Chen hier übernommen und mit Mike Köberl einen Mann gewonnen, der mit Wolfgang Puck bereits halb Hollywood einkochte. Auch sein eigenes Restaurant Spoon an der Seilerstätte erntete zu Recht gute Kritiken (Hier mein Bericht dazu). 

Speis & Trank 

Ok, es gibt auch Frühstück bis 18 Uhr, wir aber bleiben bei der “regulären” Küche. Im neuen Sopherl eine Trilogie aus: Wiener Küche mit internationalen Einflüssen plus französisches Handwerk. Wobei die Küche selbst nicht groß ist, doch – wie man es von Köberl kennt – perfekt organisiert. Heißt: die Mise en place ist heilig, am Pass steht der Mike selbst. Jede Speise geht durch seine Hände. 

Wir sind am ersten Tag mittags nach dem Soft-Opening vor Ort. Gut 50 Gäste, gemischtes Publikum, kaum Bobos (wie in manch Kommentaren gelästert), eher Anrainer, ältere Stammgäste sowie neugierige Wiener bevölkern das neue Sopherl.

Gabelbissen: wie früher, nur besser

Gabelbissen: wie früher, nur besser. © Marko Locatin

Wir starten mit einem kleinen offenen Bier (Stadtbräu Gross Gerungs!) plus Gabelbissen. Forelle, Wachtelei und Karotte harmonieren in bewährter Weise. Ins 21. Jahrhundert freilich hievt die fein abgeschmeckte Wasabi-Mayo diese Vorspeise der Kindheit.

Paprikahenderl mit Nockerln. © Marko Locatin

Ein Paprikahenderl, so ein Paprikahenderl, das braucht so ein “Update” nicht. Doch simpel ist dieses Gericht von wegen. Das Federvieh selbst wurde etwa davor gebraten und erfreut mit knuspriger Haut. Und der Saft: fruchtig, leicht, keine Spur von Bindung wie Mehl oder Butter.

Gefüllt Zunge auf Erdäpfel-Püree und Demi Glace

Gefüllt Zunge auf Erdäpfel-Püree und Demi Glace. © Marko Locatin

Alsdann wählt der Gastro-Ingenieur gefüllte Zunge auf Erdäpfelpüree. Gefüllt mit Wurzelwerk, garniert mit Kren, kombiniert mit einer dichten Demi Glace. Hatte ich schon Handwerk erwähnt?

Perfekt sieht übrigens das Wiener Schnitzel mit in Butter geschwenkten Petersilieerdäpfeln aus (gegessen wird es demnächst).

Das Fazit

Ein gelungener Neustart für’s Sopherl. Klassische Wiener Küche, von Anfang an hier präzise von Mike Köberl auf den Teller gebracht. An der endgültigen Karte werde noch gefeilt, so Chef Chen, der hier übrigens auch selbst serviert.
Mit Vorspeisen ab 7 Euro und einem perfekten Wiener Schnitzel unter 30 Euro sind die Preise erfreulich moderat gehalten.

Tipp 1: Werfen sie eine Blick in die Weinkarte.

Tipp 2: Jeden Dienstag gibt es ein Überraschungs-Menü am Chef’s Table mit Mike Köberl.


Weitere Informationen

Sohperl
Linke Wienzeile 34

1060 Wien
Täglich: 9.30 – 23.00 Uhr
www.sopherl.wien

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